Fachtagung «Anpassung an den Klimawandel – wie kann sie gelingen?» 

Refugien für hitzeempfpindliche Fische am Hochrhein im Kanton Thurgau.

Mit der heutigen Schlussveranstaltung «Anpassung an den Klimawandel – wie kann sie gelingen?» endet das 10 Jahre dauernde Pilotprogramm des Bundes. Die Eröffnung durch Bundesrat und UVEK-Vorsteher Albert Rösti unterstreicht die Bedeutung der Thematik. Denn die Schweiz ist als Alpenland überproportional stark von den Auswirkungen der Klimaerwärmung betroffen. 

Die Ergebnisse des Programms werden in der Publikation «Impulse für eine klimaangepasste Schweiz» und im Webdossier des BAFU zusammengefasst. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind sich einig, dass nun die breite Umsetzung der gefundenen Lösungen dringend angegangen werden muss. Ausserdem soll das Programm in eine permanente Form übergeführt werden, etwa als Innovationsprogramm, in welchem laufend Lösungen für die Anpassungen an den Klimawandel gefunden werden. 

Während die Risiken für Menschen und Infrastrukturen im Mittelpunkt standen – Stichwort Naturgefahren – erhielt das Thema Biodiversität etwas weniger Beachtung. Dabei ist klar: Unsere Lebensgrundlage ist von dem Erhalt der Biodiversität abhängig. Massnahmen zum Erhalt der Biodiversität, wie sie auch in unserer Publikation «Fischschutzmassnahmen bei Hitzeereignissen» (PDF (DE / FR) enthalten sind, spielen eine wichtige Rolle bei der Anpassung an den Klimawandel. Oder wie ein Tagungsteilnehmer etwas provokativ sagte: «Massnahmen zur Anpassung an den Klimawandel, welche nicht dem Erhalt der Biodiversität dienen, sind zu wenig innovativ.»

Fischschutzmassnahmen bei Hitzeereignissen

Während Hitzeereignissen können die Wassertemperaturen stark ansteigen und empfindliche Fischarten in Hitzestress versetzen oder sogar deren Tod verursachen. Im Hochrhein stiegen in den Sommermonaten der Jahre 2018 und 2003 die Wassertemperaturen derart stark an, dass es zu massiven Fischsterben kam. Am stärksten davon betroffen war damals die Äsche.

Auch im aktuellen Sommer 2022 haben die Fische mit Hitze und den Auswirkungen der Trockenheit zu kämpfen. Zahlreiche Fliessgewässer im Mittelland führen kaum mehr Wasser und teilweise sind auch schon Fische an den hohen Wassertemperaturen zugrunde gegangen. Und auch im Hochrhein bei Neuhausen wurden Ende Juli und Anfang August Wassertemperaturen von über 25 °C gemessen und leider auch verendete Fische gefunden. Denn für empfindliche Fischarten wie Forellen und Äschen verursachen Wassertemperaturen von über 20 °C Stress, ab 23 °C wird es für sie kritisch und ab 25 °C sogar lebensbedrohlich!

Die für die Fischerei verantwortlichen Stellen der Anrainerkantone ergriffen bei diesen Hitzeereignissen eine Reihe von Notmassnahmen, mit dem Ziel, die Fische vor Hitzestress zu schützen bzw. deren Überlebenschancen zu erhöhen. Situationen mit Hitze und Trockenheit sind bedingt durch den Klimawandel in Zukunft vermehrt zu erwarten. Neben dem Hochrhein können auch weitere grosse und mittlere Fliessgewässer betroffen sein. Eine gute Vorbereitung kann helfen, die Lebensgemeinschaft der Fische bei künftigen Hitzeereignissen bestmöglich zu schützen.

Im Rahmen des Pilotprogramms des Bundes «Anpassungen an den Klimawandel» haben wir in Zusammenarbeit mit dem BAFU und den Fachstellen der Kantone Aargau, Basel-Landschaft, Basel-Stadt, Thurgau, Schaffhausen und Zürich eine Arbeitshilfe erarbeitet, um das aktuelle Wissen zum Thema «Fischschutz bei Hitzeereignissen» zu sichern, zusammenzutragen, weiterzuentwickeln und zu publizieren.

Die vorliegende Arbeitshilfe soll ein Hilfsmittel für die Sensibilisierung, Information und Koordination der Entscheidungsträger bieten und die Akzeptanz von Betroffenen für notwendige Massnahmen erhöhen. Die Arbeitshilfe basiert auf den gemachten Erfahrungen der Jahre 2003 und 2018. Sie gliedert sich in eine Einführung in die Problematik von Hitzeereignissen und bietet praxisnahe Lösungen zur Bewältigung von Hitzereignissen mittels Anleitung zur Notfallplanung und Massnahmenblättern.

Fischschutzmassnahmen bei Hitzeereignissen. Arbeitshilfe. PDF

Mesures de protection des poissons en cas de canicule. Guide de travail. PDF

Ins Netz gegangen!

Fischers Fisch frisst Fischers Fisch. So unsere These nach der Untersuchung des Fälensees, in welchem die Fischereierträge dramatisch zurückgegangen sind. Doch stimmt es wirklich? Verbreitet wurden Zweifel geäussert.

Ob es wirklich funktioniert hat ist noch unklar, als das kleine Boot am frühen Morgen wieder auf den Fälensee hinausfährt, um die tags zuvor gesetzten Netze einzuholen. Die grossmaschigen Fallen wurden am Vortag sorgfältig gesetzt mit der Absicht, einem grossen Jäger auf die Schliche zu kommen: Der Kanadische Seesaibling (Salvelinus namaycush). Der gebietsfremde Fisch wurde über Jahre im See eingesetzt, weil er unter Anglern beliebt ist. Leider gingen die Fangerträge jedoch massiv zurück. Warum war lange Zeit unklar: in Fischerkreisen war von schlechter Wasserqualität die Rede, vom Einfluss der Alpbewirtschaftung oder sogar von giftigem Sediment am Boden des Sees.

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Die These steht, ihre Überprüfung steht bevor: Ökologisch begleitete Abfischung am Fälensee.

Die gewässerökologischen Untersuchungen von AquaPlus konnten schlechte Lebensraumbedingungen ausschliessen. In den Fokus geriet ein anderer Verdächtiger: Der Namaycush. Mit ausreichend Beute – rund das zehnfache des eigenen Körpergewichts – kann sich der schnellwüchsige Raubfisch zu einer stattlichen Grösse entwickeln. Aus den Fang- und Besatzzahlen liess sich ein Fischereimanagement–Modell zur Auswirkung grösserer Namaycush auf die Bestände der ebenfalls künstlich besetzten Seesaiblinge (Salvelinus alpinus) entwickeln. Nun ging es darum, die Theorie zu überprüfen.

Sorgfältig werden die Netze eingeholt: die Spannung unter den anwesenden Fischern, dem Fischrereiaufseher und besonders dem Gewässerexperten steigt. Die ersten Netze sind leer, Zweifel an der Frasstheorie werden wieder laut. Doch dann herrscht plötzlich Aufregung: „Kanadier!“ Der erste Namaycush ist da und wie eine Trophäe halten ihn die Fischer auf dem Boot in die Luft. Mit über 65cm entspricht er genau den Erwartungen der Fischökologen.

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Auf diese Kaliber haben die Angler am Fälensee vergeblich gewartet. Die kapitalen Jäger scheinen der Grund für den Ertragsrückgang zu sein.

Am Ende des Tages sind es sieben grosse Namaycush mit bis zu 74.5 cm Länge und 4.65 kg Gewicht. Die Magenanalyse der gefangenen Jäger zeigt: Hauptsächlich heimische Seesaiblinge mit bis zu 27 cm Länge und bis zu drei Fische gleichzeitig. Die Jäger haben einen gesunden Appetit. Eine überschlagsmässige Rechnung zeigt, dass die wenigen gefangenen Raubfische rund 280 kg Fischnahrung in ihrem Leben gefressen haben – was etwa 2800 Seesaiblingen entspricht.

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Eine Magenanalyse lügt nicht: bis zu 27 cm Länge weisen die gefressenen Seesaiblinge auf.

 

Medienspiegel

Beiträge zum Thema wurden bereits publiziert auf SRF, Luzerner Zeitung, Watson, FM1 TODAY, 20 Minuten und Die Ostschweiz.

Tätowierte Fische

Der Anker auf dem Oberarm ist nicht das Motiv der Wahl, wenn es darum geht, Fische mit einer Tätowierung zu markieren. Eine kleine Menge Tinte genügt dem Ökologen, um Forellen und Co. bei der Untersuchung eines Gewässers wiederzuerkennen.

Man begegnet sich immer zwei Mal im Leben. Zumindest ist dies das Ziel bei Markierversuchen mit Fischen. Der Gewässerökologe interessiert sich für das Verhalten der Fische in einem Bach und ist bei gewissen Fragestellungen darauf angewiesen, die mittels Elekrobefischung (wieder-)gefangenen Tiere zu identifizieren. Als kostengünstige Methode kann hier ein eigentliches Tätowiergerät für Fische zum Einsatz kommen, mittels welchem eine kleine Menge Tinte unter die Haut am Bauch gespritzt wird. Das Motiv sorgt nicht für modische Akzente, es entsteht lediglich ein kleiner jedoch gut erkennbarer Punkt.

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Das Tattoo-Motiv für diese Äsche ist nicht ein Herz oder ein Anker, sondern nur ein kleiner Farbpunkt am Bauch.

Eine tiergerechte Handhabung lebender Fische setzt fundiertes Fachwissen und eine entsprechende Ausbildung voraus.

Der Umgang mit lebenden Fischen setzt solides Grundwissen und eine sorgfältige Vorbereitung voraus. Nur so können wertvolle Informationen über den Zustand der Population und die Funktionsfähigkeit der Lebensräume gewonnen werden, ohne den Tieren Schaden zuzufügen. So bleibt es bei einem kleinen Schrecken und einer stilsicheren Körperverzierung, bevor Bachforelle, Äsche und Co. zurück ins Wasser können.

Die Farbmarkierung ist nicht für alle fisch- oder gewässerökologischen Fragestellungen die beste Methode. Steht etwa das Wanderverhalten bei der Wiederherstellung der Fischgängigkeit nach Gewässerschutzgesetz im Fokus, so kann das PIT-Tagging1 oder eine andere Telemetrie-Methode zielführender sein. Damit werden die Bewegungen der Tiere registriert um Massnahmen, welche dem Fischauf- und -abstieg dienen, zu planen oder zu überprüfen. Denn Fische sind mobile Tiere, sie suchen zu verschiedenen Jahreszeiten und je nach Lebensphase unterschiedliche Lebensräume auf. Ein Besuch im  «Tätowierstudio» gehört normalerweise jedoch nicht dazu.

1 PIT steht für «passive integrated transponder». Mit einer solchen elektronischen «Marke» versehene Individuen lassen sich über eine Antenne und ein Lesergerät individuell identifizieren, ohne dass man sie dafür erneut fangen muss.

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