
Nein, das mit dem Wisent im Reussdelta ist natürlich Quatsch. Die grossen Tiere, welche auch in den Schweizer Urwäldern verbreitet waren, sind aus ganz Zentraleuropa verdrängt worden. Wildpopulationen kommen nur noch in Polen und Weissrussland vor. Doch es könnte rasch zu Situationen wie oben beschrieben kommen – zugegeben, etwas skurril überspitzt –, wenn beim Nachweis von Arten mittels eDNA keine saubere Plausibilisierung durch Fachexperten stattfindet.
Das Verfahren der Umwelt-DNA-Analyse kann bei der Artensuche sehr wertvoll sein.
Kann.
Das potenziell revolutionäre Verfahren der Umwelt-DNA-Analyse bedient sich molekularbiologischer Methoden, um Arten nachzuweisen. Dabei werden in verschiedenen Lebensräumen Proben entnommen, welche auch eDNA (environmental DNA) enthalten. Diese eDNA wird ständig von allen Lebewesen an die Umwelt abgegeben, etwa in Form von Haaren oder Kot. Da die DNA vieler Arten in Referenzdatenbanken vorliegt, können die Proben durch einen Abgleich einer Art zugeordnet werden. Doch ist es so einfach?

Auch in kleinen Gewässern kann sich die Artsuche sehr schwierig gestalten. Kommt die Rote Liste Art vor?
Bei unserem Pilotprojekt «eDNA in den Gräben des Urner Reussdeltas» waren die hier vorkommenden aquatischen Tier- und Pflanzenarten von Interesse. Die eDNA aus den entnommenen Wasserproben ergab eine Artenliste – so weit so gut. Nun taugt die Zuweisung der Arten jedoch nur dann etwas, wenn die Qualität der Referenzdatenbank stimmt. Und um allfällige Fehler zu entdecken sind fundierte Artkenntnisse notwendig. Zugegebenermassen war es nicht schwer, den in der Artenliste aufgeführten Wisent (Bison bonasus) als Fehler zu identifizieren. Bei anderen, kleineren, im Verborgenen lebenden Arten – etwa einem Käfer – ist das schon schwieriger.
Das Beispiel zeigt: Einfach Proben entnehmen und die Artenliste vom Labor entgegennehmen, das reicht nicht. Kenntnisse über Arten und Lebensräume sind unabdingbar zur Plausibilisierung der Ergebnisse. Und auch zur Verbesserung der Referenzdatenbanken. Die Anwendungsmöglichkeiten der Umwelt-DNA-Analyse in der Gewässerökologie sind vielfältig. Und das Potenzial für Fehler auch, wie die enttäuschten Männer im Reussdelta bitterlich feststellen mussten.
Viel Wissenswertes zur Umwelt-DNA-Analyse ist im Artikel von AquaPlus mit dem Titel «Umwelt-DNA (eDNA) – die revolutionierte Artensuche» (Fauna Focus, August 2017) zu finden. PDF