Wasser macht das Moor zum Moor

In der symbolträchtigen Moorlandschaft von Rothenthurm ist im Herbst 2023 der Bagger aufgefahren. Grund: Das Moor soll durch verschiedene Massnahmen wieder stärker vernässt und die durch den Menschen verursachte Austrocknung gestoppt werden. AquaPlus hat die jetzt begonnen Massnahmen zusammen mit der Schutzorganisation Pro Natura geplant und leitet auch die weiteren Regenerationsmassnahmen.

Lieblich liegt die Moorlandschaft zwischen Höhronen und Chatzenstrick. Leichte Nebelschwaden  hängen an diesem Spätherbstmorgen noch in der Landschaft. Für einen Laien ist kaum erkennbar, dass mit dem Moor etwas nicht stimmt, doch «das ganze Gelände hier ist vom Menschen gestaltet», erklärt Fabian Peter von der AquaPlus AG, der Bauleiter des Moorregenerationsprojektes welcher in Gummistiefeln im Moor steht. «Früher standen hier etliche Turbenhäuschen. Die Menschen haben mittels Gräben das Moor trockengelegt und den Torf abgegraben, welcher danach als Brennmaterial verwendet wurde.»

MoorMoor
Moor Wolfschachen bei Rothenthurm im Vergleich «vorher-nachher». Durch die Regenerationsmassnahmen ist ein neuer Weiher entstanden. Bilder: AquaPlus AG, aufgenommen 2.10.2023 und 8.11.2023. ©Pro Natura

Heute sind die Moore in der Schweiz durch die vom Volk angenommene «Rothenthurm Initiative» geschützt. Doch die Massnahmen von einst wirken weiter: Ein Grossteil der Schweizer Moore ist zu trocken. Die Austrocknung bewirkt, dass sich der Torf zersetzt und dabei CO2, ein schädliches Treibhausgas, freigesetzt wird. Ohne Gegenmassahmen geht dieser Prozess weiter bis die Torfoberfläche wieder mit dem Grundwasserspiegel in Kontakt kommt, oder sich komplett bis zum mineralischen Untergrund abgebaut hat. Mit der Austrocknung des Moors verschwinden jedoch auch die typischen Tier- und Pflanzenarten. «Rund ein Drittel der gefährdeten Pflanzenarten in der Schweiz lebt in den Mooren» erklärt Bastien Amez-Droz, Projektleiter Moore bei Pro Natura. «Nur noch rund 1% der Moore in der Schweiz sind in einem gesunden Zustand», ergänzt er weiter. Pro Natura, als Eigentümerin der betroffenen Parzelle im Gebiet Wolfschachen, hat sich deshalb entschlossen, Massnahmen zu ergreifen, um das Moor wieder zu vernässen. Für die fachliche Unterstützung wurde die AquaPlus AG beauftragt.

«Bereits seit 2016 messen wir auf der Parzelle die Grundwasserstände und den Abfluss im Hauptgraben. Wir haben hochpräzise Geländeaufnahmen und -modellierungen gemacht, die vorkommende Vegetation kartiert und an rund 140 Standorten Bodenprofile erhoben um die Mächtigkeit und den Zersetzungsgrad des Torfes für die Regenerationsmassnahmen zu bestimmen», erklärt Bauleiter Peter weiter.

Geplant ist nun die Erstellung von 18 Sperren aus Holz, welche das bisher im Hauptgraben abfliessende Wasser aufstauen und dadurch den Grundwasserstand anheben sollen. Die in den Untergrund gerammten Holzsperren werden wallartig mit Torf überdeckt, damit das Holz stets nass bleibt und nicht verfault. Ausgeführt werden die Massnahmen von der Genossame Dorf Binzen. Das für die Sperren verwendete Holz stammt dabei aus den von der Genossame bewirtschafteten Wäldern der Gemeinde Einsiedeln.

Moorregnerationsmassnahmen werden zwar schon seit mehreren Jahrzehnten an beeinträchtigten Mooren weltweit durchgeführt, trotzdem konnte bei den Massnahmen im Wolfschachen nur bedingt auf erprobte Techniken zurückgegriffen werden. Denn um das Wasser im Gebiet zurückzuhalten werden üblicherweise Holzsperren gebaut, welche vom Wasser über- oder umflossen werden. Aufgrund der starken Grabenbildung war dies im Wolfschachen nicht möglich. Ein Umfliessen oder ein Überfliessen der Sperren hätte zu einer Kanalisierung des Wassers und damit zur Erosion des feinkörnigen Torfes geführt. «Wir haben deshalb nun einen Teil der Sperren mit einem abgewinkelten Arm geplant, in welchen wir einen Durchlass einbauen. Dadurch kann das Wasser in der Fallrichtung des Hanges durch die Sperre hindurchfliessen. Der Durchlass ist zudem so gebaut, dass sich das Wasser möglichst diffus verteilt, schnell in die obere Torfschicht (Akrotelm) infiltriert und dadurch nicht oberflächlich abliesst und den Boden erodiert», erklärt Peter weiter.  Die oberste rund 40 m breite Sperre ist nun seit Mitte November erstellt. Ausgestattet mit verschiedenen Messgeräten zur Messung von Niederschlag, Abfluss und Wasserstand dient diese Sperre auch als Testobjekt für die 17 weiteren Sperren, welche im Laufe der nächsten Jahre jeweils im Herbst gebaut werden sollen.

Hinter der Sperre ist ein angestauter Weiher entstanden, welcher bereits erste Wasservögel angezogen hat. Besonders gefährdete Libellenarten werden von diesem Weiher profitieren. Mit der Zeit wird der Weiher jedoch verlanden und es wird sich daraus wieder ein Moor bilden. Mit der Regeneration setzt also derselbe Prozess wieder ein, welcher schon nach der letzten Eiszeit zur Bildung des Moors geführt hat. «Die Prozesse laufen jedoch sehr langsam ab – ein Hochmoor wächst etwa 1mm pro Jahr«, meint Peter weiter – und schmunzelt. «Ich werde es nicht mehr erleben, dass sich der Weiher wieder zu einem Hochmoor entwickelt – aber es ist auch faszinierend, jetzt einen Prozess in Gang zu setzen, der sich noch über die nächsten Jahrhunderte fortsetzen wird!»


Weiterführende Links:

Hören Sie hier den Beitrag zu den Regenerationsmassnahmen vom SRF Regionaljournal Zentralschweiz.

Sehen Sie hier den Beitrag zu den Massnahmen von tele1.